„Manche Katastrophen haben ihre eigene Architektur.“
„Am liebsten wäre ich ein richtiges Arschloch. Einer, der böswillig ist. Der Menschen hasst. Der sie verachtet. Der ihnen die Schuld an all seinen Problemen in die Schuhe schiebt.“ Sagt Oscar, Romanautor, Mitte Vierzig. Dann ist da noch Rebecca, Schauspielerin und Filmstar. Oscar kennt sie schon sehr lange, aus ihrer gemeinsamen Kindheit in der Arbeitersiedlung der Stadt, ist ihr jahrzehntelang nicht begegnet – hat ihre Karriere jedoch aus der Ferne in den Medien verfolgt und ist ein großer Fan geblieben. Nachdem er sie plötzlich und nur kurz auf der Straße wiedersieht, beleidigt er sie enttäuscht mit einem Kommentar auf Instagram. Rebecca antwortet umgehend öffentlich: „Ich hoffe jetzt nur, dass deine Kinder von einem Lastwagen überfahren werden und du ihren Todeskampf mitansehen musst, ohne etwas tun zu können, und dass ihnen die Augen aus den Höhlen spritzen und ihre Schmerzensschreie dich jeden Abend verfolgen. Das ist das Einzige, was ich dir wünsche.“
Ein Briefwechsel beginnt. Gespräche entstehen, allmählich etabliert sich ein Dialog, eine furiose Schreibbeziehung. Und die Themenfelder sind weit, äußerst unterschiedlich und immer wieder überraschend miteinander verbunden: Kindheit und #MeToo. Prostitution und Gewalt. Mutter- und Vaterschaft. Literatur und Psychiatrie. Kino. Liebe in unterschiedlichen sexuellen Orientierungen. Polizeirepression. Sucht und clean sein. Sie schreiben über Diäten und Covid, über das Ende des öffentlichen Dienstes und den Hass in den sozialen Netzwerken. Es wird geheimnisvoll, und es wird intim.
Und viel näher als am Rande, immer mit dabei: Zoe, deutlich jünger als Oscar und ehemalige Pressesprecherin seines Verlages. Sie wirft ihm sexuelle Belästigung vor, und sein immer wieder abweisender Umgang mit „dieser #MeToo-Sache“ führt zu Eskalationen. Anfangs gibt es nur eines, was alle drei gemeinsam haben: Hass und Wut, auf andere und auf sich selbst. Doch nach und nach entwickelt sich ein fast zärtlicher Diskurs. Es geht immer mehr darum, im Gespräch zu bleiben, die Auseinandersetzungen nicht zu scheuen und eigene Verletzungen zuzulassen.
Virginie Despentes mischt all das mit enthusiastischer Fantasie auf und interessiert sich dabei hauptsächlich für Grenzüberschreitungen. Sie öffnet die Diskurse, auch mit der Brechstange, statt Gesprächsmöglichkeiten zu vernageln – und dabei versucht sie, wie sie selbst sagt, Gewalt zu verstehen und sich zu versöhnen, statt selbst gewalttätig zu werden.
Virginie Despentes wurde nach der Veröffentlichung des Romans entgegen allen Erwartungen nicht für den renommierten französischen Literaturpreis Goncourt nominiert. Der Vorsitzende der Jury verteidigte die Entscheidung: Sie solle stattdessen den Nobelpreis gewinnen.
Nach Arbeiten u. a. am Thalia Theater Hamburg, Deutschen Theater Berlin, Schauspiel Frankfurt, Schauspiel Hannover, am Residenztheater München und an den Münchner Kammerspielen inszeniert der Regisseur Stephan Kimmig nach DIE ZEHN GEBOTE (2017) erstmals auch wieder am Volkstheater.
Hinweis: Die Inszenierung weist explizite Sprache auf, Themen sind sexualisierte Gewalt und Suchtmittelkonsum.
Wir möchten Sie außerdem darauf hinweisen, dass in der Vorstellung STROBOSKOP-EFFEKTE eingesetzt werden.
„Paul Grills Oscar gefällt, besitzt facettenreiche Kraft.“ (Stefan Musil, Kronen Zeitung)
„[…] atemberaubend im Zorn, berührend in ihrer Verletzlichkeit – Irem Gökçen […]“ (Patric Blaser, Die Furche)
„Berührend, komisch, intensiv spielt [Birgit Unterweger] Rebecca mit ihren Ausbrüchen und ihrer Mischung aus Sarkasmus und Mütterlichkeit.“ (Barbara Beer, Kurier)
„[…] ein präzise choreografierter, an knalligen Tiraden reicher Dialog […]. Paul Grill und Birgit Unterweger liefern einander einen rasant getimten, witzigen Schlagabtausch und führen in wohl dosierter Körperkomik die Verletztheiten und Neurosen ihrer Figuren vor.“ (Ute Baumhackl, Kleine Zeitung)
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