„Ich weiß nur, irgendwo. Irgendwann. Irgendwie. Irgendwas muss sich ändern.“
Tessa ist Strafverteidigerin und ihr Spezialgebiet sind vor allem Männer, die aufgrund sexuellen Übergriffs vor Gericht stehen. Sie muss dabei nicht beweisen, ob das Opfer zugestimmt hat, sondern dass ihr Mandant nicht wusste, dass es kein Einvernehmen gab. Und Tessa ist sehr erfolgreich in ihrem Job. Ihre Ratschläge sind unter Kolleg*innen gefragt. Auch Julian aus ihrer Kanzlei bittet um ihre Hilfe. Die beiden kommen sich näher und haben Sex, der beiden gefällt. Doch beim nächsten Date passiert etwas: Julian wird sexuell übergriffig. Und Tessa steht vor der Frage, wie es in ihrem Leben nun weitergehen soll. War das nur schlechter Sex in stark alkoholisiertem Zustand – oder war es eine Vergewaltigung?
„Es steht so viel auf dem Spiel: mein Privatleben, Freunde, die Familie. Meine Karriere. Alles, einfach alles. Das macht mir Angst.“
Tessa geht zur Polizei. Und sie wird zur Zeugin der Anklage. Von nun an erlebt sie die Vorgänge im Gerichtssaal von der anderen Seite, was ihre Sicht auf die Dinge verändert.
Jahrelang, seit ihrem Jurastudium, hatte die Autorin Suzie Miller die Idee zu PRIMA FACIE*. Aber verwirklichen ließ sie sich erst vor dem Hintergrund der seit 2017 weltweiten #MeToo-Bewegung. Das Stück schlägt eine Brücke zwischen Kunst und sozialem Wandel. Denn noch immer zieht die Anzeige eines sexuellen Verbrechens die Teilnahme an allen Gerichtsterminen nach sich: das Erscheinen bei der Anklage, das Kreuzverhör sowie die öffentliche Berichterstattung in den Medien – was außerordentlichen Mut erfordert. Und der Prozess der Aufarbeitung ist lang und verlangt großes Vertrauen in die Gerechtigkeit des Rechtssystems. Aber verdient dieses System das Vertrauen überhaupt? Oder bringt es Opfer von sexualisierten Übergriffen weiterhin dazu, lieber zu schweigen? Wie kann, wie muss sich die Gesellschaft weiterentwickeln, um diesen Bereich zu reformieren?
Suzie Millers aufwühlender Monolog wurde 2019 in Sydney, Australien, uraufgeführt. Im Frühjahr 2022 spielte Jodie Comer (KILLING EVE) die Rolle von Tessa am National Theatre in London. Mehr als 300.000 Zuschauer*innen sahen das Theaterstück live im Kino durch die Ausstrahlung des National Theatres. Ausgezeichnet mit dem Australien Writers’ Guild Award 2020, dem David Williamson Award 2020 und dem Olivier Award 2023.
Regie führt Laura N. Junghanns, die am Volkstheater zuletzt die Uraufführungen DER TERMIN nach dem gleichnamigen Roman von Katharina Volckmer und DIE COUSINEN von Nava Ebrahimi inszenierte.
*Prima facie: juristischer Fachausdruck für „Anscheinsbeweis“, „bis auf Widerruf“
„Anna Rieser agiert erstklassig. […] Viele Bravos.“ (Susanne Zobl, Kurier)
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